Aus unserem Feuerwehrarchiv: Kriegsbedingte Einsätze der Feuerwehr Seeheim in den Jahren 1942, 1943 und 1944

Der folgende Beitrag wurde aus den Aufzeichnungen in einem der Protokoll- und Chronikbücher unserer Feuerwehr entnommen.

Bei den in kursiver Schrift eingefügten Textteilen handelt es sich um ergänzenden Erläuterungen des Archivs.

Bezüglich Text und Grammatik wird angemerkt, dass die Aufzeichnungen so übernommen wurden, wie sie im  Original  niedergeschrieben sind.

Es ist  festzuhalten, dass die Feuerwehr Seeheim damals noch über keine motorisierten Löschfahrzeuge verfügte. Vorhanden waren an technischer Ausrüstung lediglich die Motorspritze auf einem Wagen, zwei Hydrantenwagen sowie Schlauchmaterial, Strahlrohre und eine mechanische Schiebeleiter.

In den Kriegsjahrens bestand eine Verordnung, dass Wehren, die über eine Motorspritze verfügten, 200 m B-Schlauch und 150 m C-Schlauch vorhalten und im Bedarfsfall Löschhilfe im Umkreis von bis zu 15 km zu leisten hatten.

Luftangriff in Seeheim am 3. Dezember 1942

„Am 3. Dezember Fliegerangriff in Seeheim.

Schon vor dem Alarm beteiligten sich mehrere Kameraden bei Viehrettung und Ausräumungsarbeiten bei den betroffenen Einwohnern. Die Wehr wurde um 4.12. Uhr alarmiert. Die Motospritzengruppe setzte der Wehrführer in der Hofreite Adam Münk Schulstr. (Schulstraße) an, (die Angabe Schulstraße kann nicht stimmen und da sich die Hofreite des Adam Münch in der Ludwigstraße 41, heutige Schlossstraße 64 befand. Der Begriff Schulstraße wurde wohl irrtümlich so benannt), befand auch die Scheune von Christian List II. (der Zweite) (Ober-Beerbacher Straße 18) brannte und wurde von hier aus bekämpft mit Wasserentnahmestelle Ernst Degenhard (Ludwigstraße 27, heute Schlossstraße 50). Die Bekämpfung der Brände dauert bis 7.20 Uhr. Gruppenführer Spalt übernahm mit einer Gruppe die Aufräumungsarbeiten. Die Motorspritzengruppe wechselte ihre Stellung und griff den Doppelbrand bei Herff (Villenstraße 3, heute zum Domweg gehörig) an, anschließend wurde die Leitung verlegt an Zeppelinweg zu Schneider (vermutlich Am Hermertsberg 2; die genaue Adresse war auch aus amtlichen Unterlagen nicht genau zu recherchieren) und Meyer (Mayer, Am Hermertsberg 4) mit Wasserentnahme Herffs Teich. Da die Brände soweit fortgeschrittenen waren wurde es abends 7 Uhr bis sie zum erstenmal dunkel wurden. Von 20-22 Uhr wurde die Motospritze zur Verstärkung der Pfungstädter Motorspritze welche Löschwasser zu Haus Goldschmidt (Goldschmidt-Villa in der Villastraße, heutige Villastraße 11) für die Griesheimer Kameraden brachte, eingesetzt. Auch wurde von dort nochmals der Brand Herff (Von Herff) bekämpft. Von 22 Uhr bis 1 Uhr machte diese Gruppe nochmals Löscharbeiten bei Schneider und Meyer (Mayer). Dort war kein Wasser, wodurch mit Jauche gearbeitet wurde.

4.12.

2.15 Uhr ließ Wehrf. (Wehrführer) (Joseph) Old die Motospritzengruppe durch Sanitäter wecken, wurden an Villa Goldschmidt bei dem nochmals entstandenen Brand eingesetzt mit Wasserentnahme Konrad Schäfer Oberbeerbacherstr. (Ober-Beerbacher Straße  20) bis 5.15 Uhr. Gruppenführer war Jakob Büdinger. Nach dem Alarm wurde die Hydrantengruppe Adam Dingeldein mit Wasserentnahme Hydrant Wolff (Wolf, Gasthaus „Zum Löwen“ Bergstraße 7) zur Bekämpfung bei Gg. (Georg) Spalt 3. (dem dritten) Oberbeerbacherstr. (Ober-Beerbacher Straße 3) zum  Scheunenbrand eingesetzt. Durch eine Sprengbombe war die Zuleitung der Wasserleitung zerstört wodurch nur ein Strahlrohr durch die Mühltalstr. vorgehen konnte. Von der Oberbeerbacherstr. (Ober-Beerbacher Straße) aus  ging die zweite Leitung durch den Hof zur direkten Bekämpfung zum Scheunenbrand vor. Die Löscharbeiten (Villenstraße 3, heute zum Domweg gehörig) waren um 7 Uhr beendet. Die Gruppe rückte zum Brand bei Herff und wurde dort 8.20 Uhr von der Motospritzengruppe abgelöst und bekämpfte dann Villa Schneider und Mayer (Am Hermertsberg 4) bis die Motorspritze kam. Auch bei Georg Spalt 3. (dem Dritten) übernahm Gruppenführer Jak. (Jakob) Spalt die Leitung der Aufräumungsarbeiten, welche bis 17 Uhr dauerten. Spalt war auch öfters als stellvertr. (Stellvertreter) des Wehrführers tätig. Im Wohnhaus von G. Spalt 3. wurden mit Kleinlöschgerät auch zwei Entstehungsbrände gelöscht welche durch Gruppenführer Schmidt Karl (Karl Schmidt) und einigen Feuerwehrmännern besorgt wurde. Auch legten diese Trupps eine Leitung von von Hydrant Wilking (Karl Wilking, Darmstädter Straße 1) über den Rathausplatznach der Scheune  zu den Aufräumungsarbeiten. Gruppenführer Schmidt übernahm dann mit  zwei Trupps die Aufräumungsarbeiten bei Adam Münk (Ludwigstraße 41, heutige Schlossstraße 64) welche bis nachts beendet waren. Schmidt stellte dann mit seinen Männern die Brandwache bei Münk und Oberbeerbacherstr. (Ober-Beerbacher Straße) beim Abrücken der Motospritze war der Brand bei Christian List (Ober-Beerbacher Straße 18) nicht vollständig bekämpft. Gruppenführer Wiemer übernahm diesen Brand mit Wasserentnahmestelle Christian Schäfer (Ludwigstraße 39, heute Schlossstraße 62) Hydrant.

Die Motorspritzengruppe läßt er abwechselnd bei kalter Witterung die Maschinen laufen.“

Die zerstörte Villa Herff

„Nachtrag zum Fliegerangriff vom 03.12.1942:

An Überlandlöschhilfe waren eingesetzt Die Motorspritzen von Pfungstadt und Griesheim. Die Pfungstädter Motospritzengruppe bekämpfte den Brand bei General Keim (Ober-Beerbacher Straße 23), die Griesheimer Motorspritze bei Villa Goldschmidt (heutige Villastraße 11).“

Kriegsbedingte Einsätze im Jahr 1944:

Luftangriff in Seeheim am 11. April 1943

„April 11. Fliegerangriff auf Seeheim 2.30 Uhr.

Keine Brände“

Anmerkung des Archivs: Es wurden Sprengbomben abgeworfen. Diese richteten große Schäden an mehreren Gebäuden, insbesondere an deren Dächern an. Eine Bombe sprenge auch einen Teil der Felsböschung an dem Weg, der vom Ober-Beerbacher Tal zum Schloss führt, ab.

Blick auf die Ober-Beerbacher Straße vom Verbindungsweg zwischen Ober-Beerbacher Straße und Villastraße aus

„4.45 (Uhr) rückte Motospritze mit 10 Mann nach Pfungstadt und löschten dort einen großen Brandherd der durch Feindeinwirkung entstanden war. Rückkehr 11.45 Uhr.

Die Wehr war hier eingesetzt zum Möbel bergen, umziehen u. absperren dabei wurden 687 Arbeitsstunden geleistet.“ (Zu dieser Ausführung wird seitens des Feuerwehrarchivs davon ausgegangen, dass ich die Arbeitsleistung auf den Ortsbereich Seeheim bezieht.)

Einsatz in Darmstadt nach Luftangriff

„Sept. 24. Motorspritzengruppe wurde nach Darmstadt zum Einsatz gerufen und rückte um 23 Uhr ab. Am 25. um 7 Uhr kamen sie zurück. In der Nacht vom 23. zum 24. hatte die Stadt Darmstadt einen Fliegerangriff wobei auch unser Kreisfeuerwehrführer Karpfinger zum Opfer fiel.“

Kriegsbedingte Einsätze im Jahr 1944:

„August 26. Die Wehr wurde 3.35 Uhr alarmiert zum Einsatz nach Pfungstadt. Bei der Abfahrt kam der Befehl nach Griesheim, da die Lage dort schlimmer Fliegerangriff. Die Motospritze mit 9 Feuerwehrm. (-männern) u. 3 H.J. (Hitlerjungen – Hitlerjungen = Jugendorganisation der NSDAP) rückten ab. Der Einsatzdauerte bis 6 Uhr nachmittags.“

„Sept. 10. Deckungslöcher von Malchen nach Jugenheim ausgegraben“ (Anmerkung des Archivs: Schutzlöcher im außerörtlichen Bereich, in denen Personen bei einem Fliegerangriff Schutz und Deckung finden konnten, zumal zwischen  Malchen und Jugenheim auch die Straßenbahnlinie 8 von und nach Darmstadt verlief.)

“Sept. 11.-12. Fliegerangriff auf Darmstadt. Motorspritzengruppen in Darmstadt von 5 – 9 Uhr. 12 Mann.“

„Okt. 8. Arbeitseinsatz in Darmst. (Darmstadt). 9 Mann (Aufräumungsarbeit.)“.

Bilderverzeichnis:

  • Die zerstörte Villa Herff: FF Seeheim Archiv
  • Blick auf die Ober-Beerbacher Straße vom Verbindungsweg zwischen Ober-Beerbacher Straße und Villastraße aus: FF Seeheim Archiv